Alles in einen Topf!

Der Solitopf ist ein Projekt für emanzipatorische Politik in Kassel und Umgebung, das Geld für linke Politik und Einzelpersonen in Notsituationen in der Region vergibt. Auch Betroffene rechter, queerfeindlicher, rassistischer und antisemitischer Gewalt werden unterstützt. Der Solitopf will dort finanzielle Unterstützung möglich machen, wo sonst kein Geld ankommt. Im Interview mit CONTRASTE erzählt die Gruppe, wie das Ganze funktioniert.

CONTRASTE: Ich kann mir noch nicht richtig vorstellen, wie der Solitopf funktioniert. Könnt ihr dazu noch mehr erzählen?

Solitopf: Es gibt ein Bankkonto, auf das Menschen regelmäßig oder einmalig Geld spenden und damit den Solitopf befüllen. Andere Menschen melden sich bei uns per Mail oder persönlich, wenn sie Geld brauchen. Sie schreiben uns, wie viel und wofür sie Geld benötigen. Wenn genügend Geld da ist und die Anfrage den politischen Grundsätzen vom Solitopf entspricht, bekommen die Personen das Geld oder einen Teil davon als Überweisung oder in bar. Das funktioniert ganz unbürokratisch. Nachweise brauchen und wollen wir nicht. Gestartet sind wir mit 500 Euro, momentan haben wir um die 650 Euro, die wir monatlich umverteilen können.

Den Solitopf Kassel gibt es inzwischen schon zwei Jahre. Wie ist die Idee denn entstanden?

Schon lange gibt es den Wunsch nach mehr praktischen solidarischen Strukturen in Kassel. Oft können tolle Ideen für emanzipatorische Aktionen und Projekte nicht umgesetzt werden, weil Geld fehlt. Gelder zu beantragen ist aufwendig, und für bestimmte Ideen ist es kaum möglich, eine Förderung zu bekommen. Das ist schade! Dem wollen wir etwas entgegensetzen, indem wir in unserer Region linke Politiken stärken.

Aus strukturellen Gründen bekommen manche Menschen keine oder kaum Unterstützung im Alltag. Insbesondere in finanziellen Notlagen ist es dann schwierig, schnell genug Geld zu bekommen.

Uns verbindet, dass wir es ungerecht finden, wie unsere Gesellschaft momentan aufgebaut ist: Einige sind sehr reich, während viele andere dringend Geld benötigen. So wurde der Solitopf auch initiiert: eine Einzelperson, deren Eltern reich sind, wollte ein Teil des Geldes, das sie von diesen bekommt, sinnvoll weitergeben. Eben an Projekte und Menschen, die unfairerweise wenig Geld zur Verfügung haben.

Ihr habt erwähnt, dass Personen und Gruppen den politischen Grundsätzen des Solitopfs zustimmen müssen, wenn sie Geld von euch nehmen. Was sind das für Grundsätze?

Wir haben ein Grundverständnis, in dem wir uns deutlich gegen Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit, Antisemitismus und andere Herrschaftsverhältnisse positionieren. Wir unterstützen vor allem Projekte, die solidarisches Handeln ausprobieren, neu denken und stärken wollen. Erst, wenn die Empfänger*innen des Geldes diesen Grundsätzen zugestimmt haben, wird das Geld vergeben. Der Solitopf folgt dem Prinzip der solidarischen Umverteilung: Wer hat, die oder der gibt. Und wer braucht, bekommt. Damit lässt sich kein kapitalistisches System aus den Angeln hebeln, aber zumindest im Kleinen können ein paar Dinge vereinfacht werden.

Was habt ihr bisher mit dem Geld gemacht?

Der größte Teil fließt bislang in die finanzielle Unterstützung von Einzelpersonen, die strukturell benachteiligt werden und daher Geldnot haben. Da geht es zum Beispiel um Geld für Miete, für eine angemessene gesundheitliche Versorgung, für Anwält*innen oder auch für benötigte Nachhilfe. Auch haben wir verschiedene lokale Projekte unterstützt, beispielsweise wenn die Raummiete knapp war, kurzfristig Flyer für eine Demo gedruckt oder noch Materialien besorgt werden mussten.

Welche Schwierigkeiten gibt es dabei?

Leider erreichen wir überwiegend Menschen aus unseren eigenen Kreisen. Also Menschen, die über persönliche Beziehungen Kontakt zu uns finden. Für Menschen, die uns nicht kennen, ist die Hürde oft groß, nach Geld zu fragen. Zum Teil gibt es auch Skepsis, warum der Solitopf einfach Geld verschenkt, ohne dass dafür irgendetwas nachgewiesen werden muss. Dann liegt die Annahme nahe, dass da wohl etwas faul sein müsse.

Manchmal ist es auch seltsam, in der machtvollen Position zu sein, zu entscheiden, welche Personen und welches Projekt wie viel Geld bekommen. Meist ist der Bedarf höher, als Geld im Topf ist. Dann müssen wir entscheiden: Ihr bekommt weniger als ihr braucht, weil bald schon die nächsten Anfragen kommen. Es ist schön, dass der Solitopf bekannter wird, gleichzeitig können wir nicht alle Anfragen abdecken.

Wie können Menschen euch unterstützen?

In erster Linie natürlich mit Geld! Daueraufträge, auch kleine Beträge, helfen uns sehr für mehr Planbarkeit. Außerdem sind einige finanziellen Bedarfe leider oft nicht mit einer einmaligen Unterstützung gelöst, sondern eine monatliche Herausforderung. Wer uns unterstützen möchte, kann uns gerne Geld überweisen oder per Paypal senden.

Außerdem freuen wir uns sehr über Vernetzung und den Erfahrungsaustausch mit ähnlichen Projekten! Wir können bestimmt noch einiges davon lernen, wie ähnliche Projekte arbeiten und mit Schwierigkeiten umgehen.

Und wir freuen uns über mehr Bekanntmachung – damit wir noch mehr Menschen erreichen, auch außerhalb unserer eigenen Kreise. Wir haben Flyer und Plakate und einen Instagram-Account (@solitopf_kassel).

IBAN: DE 1943 0609 6711 0602 2800
Kontakt/Paypal: solitopfks@riseup.net

Titelbild: Soliauktion im Oktober 2023. Foto: Solitopf Kassel

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