Die Bewegung der »Catholic Worker«

Die christlich-anarchistische Bewegung Catholic Worker entstand in den frühen 1930er Jahren in den USA. Gegründet wurde sie von der katholischen Sozialaktivistin Dorothy Day und ihrem Mentor Peter Maurin. Den Kern der Bewegung bilden bis heute »Häuser der Gastfreundschaft«. Aus einigen davon berichtet dieser CONTRASTE-Schwerpunkt.

Ariane Dettloff, Redaktion Köln

In und von den Häusern der Catholic Worker werden Benachteiligte – Obdachlose, Arbeitslose, Geflüchtete – aufgenommen und versorgt, nach dem jesuanischen Grundsatz »Was ihr für eine*n meiner geringsten Schwestern und Brüder getan habt, das habt ihr mir getan«. Solche Häuser existieren heute außer in den USA auch in Kanada, England, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Schweden und Neuseeland. Insgesamt sind es aktuell 187. Die älteste und am weitesten verbreitete Zeitung der Bewegung ist nach wie vor »The Catholic Worker«. Die erste Ausgabe verteilte Dorothy Day am 1. Mai 1933 in New York; Auflage 2.500, Preis ein Penny, damit alle sie sich leisten konnten. Im September 1933 erreichte der Catholic Worker eine Auflage von 20.000, 1936 betrug sie bereits 150.000. Themen der jeweils acht Seiten waren Rassismus, Pazifismus, die Arbeitsbedingungen in den »Sweatshops«, Gewerkschaften, politische Korruption, Antisemitismus, Faschismus und die katholische Soziallehre. Während des Zweiten Weltkriegs sank die Verbreitung aufgrund der konsequent pazifistischen Haltung des Blatts von 190.000 Exemplaren auf 50.000. Heute erscheint der Catholic Worker noch siebenmal jährlich für 26.000 Leser*innen.

Ihren Aktivismus gründeten Day und Maurin neben dem Neuen Testament auch auf dem Grundsatz der Industrial Workers of the World (IWW auch »Wobblies«), der radikalen Gewerkschaft, der Dorothy Day beigetreten war. Über Maurin schrieb sie in ihrer Autobiografie: »Er betonte die Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen Gesellschaft innerhalb der Hülle der alten – der vielsagende Satz aus der Präambel der IWW-Verfassung – eine Gesellschaft, in der es den Menschen leichter fällt, gut zu sein.« Und Maurin war es wichtig, Landkommunen zur Selbstversorgung zu gründen.

Im Vatikan läuft seit langem ein Verfahren zur Seligsprechung von Dorothy Day. Ihr selbst hätte das kaum gefallen: »Wo waren die Heiligen, die die soziale Ordnung zu ändern versuchen, die nicht nur den Versklavten dienen, sondern die Versklavung ausrotten?«, fragte sie.

Für ihren zivilen Ungehorsam im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung und gegen den Vietnamkrieg wurde Dorothy Day mehrfach inhaftiert. Zuletzt war sie 1973 mit 75 Jahren im Gefängnis, weil sie an einer verbotenen Streikpostenkette teilgenommen hatte, um die Vereinigten Landarbeiter (United Farm Workers) in Kalifornien zu unterstützen.

Auch die heutigen Catholic Worker-Aktivistinnen Susan Crane aus Kalifornien und Susan van der Hijden aus Amsterdam wurden für ihren zivilen Ungehorsam inhaftiert. Sie waren wegen GoIn’s in das Atomwaffengelände Büchel in der Eifel aus Protest gegen die dort lagernden B61-Bomben der USA verurteilt worden, Crane zu 229 und van der Hijden zu 115 Tagen. Am 4. Juni 2024 begannen sie ihre »Mahnwache hinter Gittern« in der Justizvollzugsanstalt Rohrbach (Rheinland-Pfalz) nach einem 130 Kilometer langen »Pilgerweg« von Büchel bis zum Gefängnis. Susan Crane gab CON­­­­­­­­­­­­­­TRASTE für diesen Schwerpunkt ein Interview (Seite 11).

Beide Susans freuen sich über solidarische Post an die Adresse JVA Rohrbach, Peter-Caesar-Allee 1, 55597 Wöllstein.


Titelbild: Zwei Aktivistinnen der Catholic Worker protestieren gegen US-Atomwaffen in Büchel in der Eifel: Susan Crane aus Kalifornien (links) und Susan van der Hijden aus Amsterdam. Foto: privat

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